Staatsakt 2015 – Ansprachen

Der offizielle Staatsakt wurde um 11.30 Uhr mit den Ansprachen von Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein und Landtagspräsident Albert Frick auf der Schlosswiese beim Schloss Vaduz eröffnet. Im Anschluss an die Ansprachen wurde die liechtensteinische Landeshymne, welche mit den Worten «Oben am jungen Rhein…» beginnt, gespielt.

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Gerne möchte ich ein paar wichtige und anregende Zeilen aus den Ansprachen der zwei Redner wiedergeben.

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S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein

Wenn uns heute einiges schwerer fällt, so hat dies vor allem damit zu tun, dass sich das internationale Umfeld geändert hat. Dafür sind weitgehend Änderungen von Rahmenbedingungen verantwortlich, die wir als Kleinstaat nicht beeinflussen können, wie:

• die wirtschaftlichen Schwierigkeiten wichtiger Absatzmärkte,

• der ungünstige Wechselkurs und

• die internationale Regulierungsflut als Folge der globalen Finanzkrise.

Obwohl wir primär durch das geänderte internationale Umfeld herausgefordert sind, sollten wir uns auch mit Änderungen in dem von uns beeinflussbaren Umfeld auseinandersetzen. Durch die stetig steigenden Einnahmen hatte der Druck, klare Prioritäten zu setzen, abgenommen – sowohl auf staatlicher als auch oftmals auf privater Seite. Entsprechend schwierig fällt es uns teilweise heute, das von uns beeinflussbare Umfeld kritisch zu hinterfragen und auch unpopuläre Massnahmen zu setzen.

Was ist aber für eine erfolgreiche Zukunft nötig? Einerseits müssen wir weiterhin an den Faktoren arbeiten, die auch für die positive Entwicklung Liechtensteins in den letzten 75 Jahren entscheidend waren:

• wir müssen wieder an uns glauben, hart arbeiten und nicht einfach für alles nach dem Staat rufen, sondern Eigenverantwortung zeigen,

• wir müssen unsere Stabilität bewahren und unseren Staatshaushalt sowie unsere Sozialversicherungen auf eine finanziell nachhaltige Basis stellen und

• wir müssen unser Bildungssystem und die Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaft weiter verbessern.

Andererseits sollten wir aber auch lernen, uns wieder mit weniger zufrieden zu geben, unsere Wünsche realistischer zu formulieren und unseren Möglichkeiten entsprechend anzupassen. Wir sollten einfach akzeptieren, dass nicht mehr alles möglich ist, was wir uns in der Vergangenheit – teilweise auch über unsere Verhältnisse – geleistet haben.


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Landtagspräsident Albert Frick

Wie anders sieht unsere heutige Welt doch aus. Dem Aufschwung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wird nur die Bezeichnung Wirtschaftswunder gerecht. Liechtenstein heute, das heisst: Ein grossangelegter Industriesektor mit mehreren Weltkonzernen, ein Finanzplatz mit internationaler Ausrichtung, eine riesige Dichte an KMUs, ein hervorragendes Bildungssystem und eine moderne Gesellschaft. Die Anzahl Arbeitsplätze im Land ist in etwa identisch mit der Anzahl Einwohner, täglich pendeln 20‘000 Arbeitskräfte ins Land. Eine stabile Staatsordnung, aber auch glückliche Umstände und eine fleissige und immer besser ausgebildete Bevölkerung haben uns einen niemals vorstellbaren Wohlstand erreichen lassen.

Liebe Liechtensteinerinnen, liebe Liechtensteiner,

Die Frage sei erlaubt: Hat uns das alles glücklicher gemacht? Wer eine Ahnung von der Mühseligkeit der damaligen Zeit hat, wird mit einem überzeugten JA antworten. Aber es gibt Stimmen, die den Preis des immer fortschreitenden Wachstums als zu hoch erachten. Kinder haben nicht mehr hinter jedem Haus eine grosse Wiese, auf der man auf Bäume klettern oder Fussball spielen kann. Der Preis für ein kleines Grundstück und ein darauf erbautes Eigenheim entspricht heute dem halben Lebenslohn eines durchschnittlich verdienenden Berufstätigen. Auch bereitet die sich immer weiter öffnende Einkommens- und Vermögensschere Sorgen.

Wir müssen uns sehr ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, wohin die Reise gehen soll. Wie soll das Fürstentum Liechtenstein am hundertsten Staatsfeiertag aussehen?

Unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Heimat zu erhalten, muss unsere erste Aufgabe sein. Auch müssen wir dafür besorgt sein, einen breiten Mittelstand zu bewahren, d.h. möglichst vielen Menschen Eigentumsbildung zu ermöglichen. Eine der grossen Herausforderungen, denen sich unser Kontinent und damit auch unser Land derzeit gegenüber sehen, sind die gewaltigen Flüchtlingsstr.me und die damit verbundenen Dramen. Und das ist erst der Anfang. Die UNO geht in ihrer jüngsten Studie davon aus, dass die Weltbevölkerung in 25 Jahren neun Milliarden übersteigen wird. Die Bevölkerung Afrikas soll sich in dieser Zeit verdoppeln. Dann werden vier Mal mehr Menschen auf dem Planeten leben als im Jahre 1940. Man kann nur erahnen, welch gewaltige Menschenbewegungen hin zu Arbeit und Nahrung dies auslösen wird.

Damit komme ich zum Ausgangspunkt meiner Ansprache. Das Zusammengehen der beiden Souveräne Fürst und Volk, der innere Zusammenhalt und das gemeinsame Wirken aller guten Kräfte im Land waren in gefahrvoller Zeit unsere Erfolgsfaktoren. Diese Werte sind heute genauso erstrebenswert und nützlich wie damals. Und so wird es auch in Zukunft sein.

Hier die kompletten Ansprachen von Erbprinz Alois und Albert Frick herunterladen.

Quellen: Liechtensteiner Landtag, Fürstenhaus
Titelbild: Komposition aus einem Bild von Daniel Ospelt

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